in Unternehmen und deren Aufgaben gerecht. Schon seit den 80er Jahren brachte dessen Kritik als zu mechanistisch (Mensch und Organisation werden als Maschine gesehen) den leadership-Ansatz hervor, der das „Schmieröl“ in einer sozialen Organisation, wie einem Unternehmen darstellt. Ein Teil davon ist z.B. eine Führungskunst, die heute sehr gefragt ist: Visionen zusammen mit den Menschen im Unternehmen so zu entwickeln, dass sie nachvollziehbar sind und allen dienen – und daher motiviert verfolgt werden und die Leute stolz werden lässt. Nun zur Digitalisierung. Diese ist die Fortsetzung eines seit Jahrzehnten zu beobachtenden Prozesses der Miniaturisierung, Effektivierung und Erneuerung von Arbeitsprozessen und Produkten/Dienstleistungen mit Hilfe neuer Technologien – mittlerweile auf einem neuen Niveau. Dies hat teilweise gravierende Folgen für die gewachsenen, meist hierarchischen Strukturen und auch für die Anforderungen an die Menschen sowie an die Art und Weise der Zusammenarbeit (was häufig dann als „Kultur“ zusammengefasst wird). Damit liegt der Zusammenhang zu leadership und Management auf der Hand: es geht um die Neugestaltung des Zusammenspiels von Technik (Maschine/Software) und Mensch, um die Frage, wie er die damit verbundenen Herausforderungen annimmt und bewältigt, ohne krank oder abgehängt zu werden, um die Frage, wie die (mehr und mehr virtuelle) Zusammenarbeit aussehen soll, wie sich insofern Führung verändern muss und in ein neues Verhältnis zur Selbstorganisation der Mitarbeiter tritt, wie er trotz Transparenz und KI-gestützter Problemlösung Herr (oder Frau) der Prozesse bleibt. Die Veränderungen berühren Führung und Management in ihrem Kern – insofern muss auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig umgedacht und anders gehandelt werden – es braucht also auch neue Führungskonzepte, weil die alten wirkungslos verpuffen oder sich lächerlich machen. Dies gilt vor allem bei den Generationen Y und Z. DIGITAL FUTUREmag: Im Markt herrscht im Moment eine sehr hohe Unsicherheit. Das betrifft nicht nur Entscheidungen rund um das Thema Digitalisierung, sondern auch alle anderen Bereiche. Dies gilt für GeschäftsführerInnen eines kleinen mittelständischen Unternehmens oder Konzernleitung. Was ist Ihrer Meinung nach das Gebot der Stunde, wenn es um nachhaltige Veränderungsprozesse geht? Dr. Klaus Wagenhals: Die Unsicherheits-Thematik lässt sich sehr gut anhand der seit fast einem Jahr bei uns grassierenden Corona-Pandemie behandeln: Wenn plötzlich eine Veränderung eintritt (in diesem Fall von außen), kann man so tun, als ob es keine Risiken gibt, kann man hektisch nach neuen Rezepten suchen oder man beginnt, sich auf die wesentlichen Punkte zu konzentrieren, mit denen das eigene oder das Überleben der ganzen Organisation (wahrscheinlich) gesichert werden kann. Zentral ist also, dass man sich klarmacht, dass man für eine Situation kein festes Handlungskonzept hat und daher probieren muss, wie´s geht – am besten mit den Leuten, für die man verantwortlich ist, zusammen. Leider behindern sich viele „Manager“ dabei selbst, weil sie so sozialisiert wurden, alles „im Griff“ zu haben. Die Bundesregierung hat das vorbildlich demonstriert, indem sie sich ab März/April Wissenschaftler zur täglichen Pressekonferenz dazu geholt hat, das Ziel ausgegeben hat, nicht das Virus zu beseitigen (das wäre ein völlig unrealistisches Ziel gewesen), sondern die Krankenhäuser und andere Teile des Gesundheitssystems handlungsfähig zu halten und immer wieder betont hat, dass man probieren müsse, wie´s geht, weil man das Virus noch nicht gut kennt (insofern gab es auch parallel Begleitforschung – praktisch bis heute neben der Impfung). Erfahrungsgemäß akzeptieren einen derartigen Weg Beschäftigte eher, als „so tun, als ob…“. Natürlich braucht es gleichzeitig Transparenz (hier kann die Digitalisierung gute Dienste leisten), den Mut, neue Wege zu gehen und neue Methoden/ Verfahrensweisen zu erproben sowie die Bereitschaft, die Beschäftigten an dem Prozess zu beteiligen, um so zu erkennen oder zu klären, was man alles kann und hat, was man aber vielleicht braucht, um überleben zu können, wie man also „auf Sicht fährt“. Ich denke, dass ist das Gebot der Stunde. DIGITAL FUTUREmag: Viele UnternehmerInnen setzen eher auf kleine, kontinuierliche Verbesserungen als auf einen grundlegenden Wandel. Was ist besser und kann das eine ohne das andere gelingen? Dr. Klaus Wagenhals: Ja, das kennen wir; das hat mit der oben behandelten Unsicherheit zu tun: man glaubt, wenn man kleine Schritte macht, habe man die Folgen noch im Blick und könne schneller gegensteuern, wenn etwas schiefläuft. Gleichzeitig haben wir oft erlebt, dass „Manager“ so viel zu tun haben und gleichzeitig bewegen sollen, dass sie die „Change-Vorhaben“ „kleinhacken“, um sie besser einplanen und auch delegieren zu können. Häufig steckt natürlich auch dahinter, dass wir Menschen – so Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften – häufig von grundsätzlichen Umwälzungen (Transitions) überfordert sind aufgrund der nicht-durchdringbaren Komplexität und dass wir als Unternehmer selten ein fundiertes Change- Verständnis haben, mit dessen Hilfe wir locker – je nach Anforderung – zwischen unterschiedlichen Anlässen für die Veränderung und die dazu passenden Konzepte unterscheiden könnten. www.digital-futuremag.de 45